Sonntag, 30. Dezember 2007

spielerischer Ernst und deutliche Befehle

Ich war über die Feiertage bei meiner Schwester und meinem Schwager in Deutschland.
Und es gibt hier auch zwei Kinder F und D, acht und sechs Jahre alt und ich spreche da alles andere als GFK. Ich lebe sicherlich die Haltung und Grundwertschätzung, deshalb lieben mich die beiden Racker ja auch, aber von den Worten her, gibt es viele Befehle, deutliche Neins und hin und wieder gespielten Ernst.

D: „Mir ist langweilig!“
Ich: „Lass mich in Ruhe, ich möchte hier arbeiten. Raus!“ (etwas gespielter Ernst, liebevolle Haltung)
ODER
F: „Komm zeig uns noch mal deine Lieblingsseite auf dem Computer!“ (Hatte ihnen vorgestern auf Youtube einige Highlights aus der jungesten BVB-Geschichte gezeigt – bin Fan von Borussia Dortmund und die beiden lieben auch den Verein)
Ich: „Nein, mag jetzt nicht, vielleicht später. Du darfst gehen.“
ODER
Der Kleine boxt mir in den Unterbauch und ich schlage reflexartig mit der Faust in seinen Bauch. Nicht ein Klitschko-Punch ;-) sondern ein abgebremster deutlicher Stupser in die Richtung, spürbar, aber nicht wehtuend und sage mit deutlichem Ernst (böse Augen): „So nicht!“
Der Kleine ist etwas geschockt und spürt, dass er da ne Grenze überschritten hat.
Am nächsten Morgen war alles wieder OK.

Vom GFK-Standpunkt aus, also der GFK-Lehrer in mir sagt, dass ich am nächsten Morgen doch noch mal mit ihm darüber hätte sprechen können. Schützender Einsatz von Macht ist ja OK, aber dazu gehört auch das Gespräch danach.
* innerer Kritiker: „Ach hör doch auf mit dem Schmarrn. Mit einem sechsjährigen ein großes Feedbackgespräch zu führen, hat doch keinen Sinn. Und am nächsten Tag wollte er ja fast schon wieder in diese Richtung schlagen und hat selbst abgebremst, es etwas berührt und er hat dann gemerkt, dass es bei mir nicht passt. Ich habe noch mal ernst geschaut und dann haben wir mit anderen Sachen weitergemacht. Er hat es gelernt und die Beziehung ist intakt, warum sollen wir noch darüber GFK-mäßig reden. So ein Blödsinn!“
Manchmal kann ich meinen inneren Kritiker gut verstehen ;-)
Und schlawinerhaft kann ich sagen: „Ich spreche mit den Kindern halt umgangssprachlich Giraffisch (street giraffe).“
Und das stimmt ja auch, im gewissen Sinn, obwohl, na ja, der achtsame Buddhist in mir ist eher traurig und wünscht wirklich mehr Einklang mit Standard Giraffisch. Mal schauen.

Ein paar Stunden später
Habe gerade mit D gesprochen, der mir da halb in die Eier geschlagen hat.
Ich: „Wie war das für dich, als ich dich auch leicht geboxt habe?“
D: „Es tat etwas weh!“
Ich: „Was hätte ich denn anders tun können?“
D: „Es sagen, dass ich aufhören soll. Nicht hauen.“
Ich: „Mir hat es auch weh getan, als Du mir in die Eier geboxt hast, dir hat es etwas weh getan, als ich Dir in den Magen geboxt habe. Dann sind wir ja jetzt pari und es war doch gerecht, oder?“ (Suggestivfrage, na so was ;-))
D: „Ja.“
Wir geben einander die Hand.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Christian!
Der achtsame Buddhist fühlt sich natürlich gleichsam geborgen im Dasein, ob ihm die Neffen und Nichten jetzt mit Verständnis und Respekt begegnen oder mit Voll-Labern oder in-die-Eier-Boxen. Abgesehen davon freue ich mich, zu lesen, dass du im "richtigen Leben" so völlig normal reagierst, also völlig normal halt wie z.B. ich (so völlig normal werde ich halt von meinem inneren PR-Manager gesehen) als full-time-Papa mit zwei leiblichen Kindern, die mir ca. 100x am Tag (gezählt, nicht geschätzt) sagen, das Leben ist fad, und zwischendurch mal auf Stellen hauen, die (noch) schützenswert sind. Freue mich, weil mein Bedürfnis nach Zugehörigkeit unterstützt wird, in dem Sinne, dass auch geübtere Leute Schwierigkeiten haben, inneren Ansprüchen selbst dann gerecht zu werden, wenn es um den Umgang mit geliebten Menschen geht (von den Ungeliebten red ma später..). Und außerdem seh ich dass da noch keine Antworten gepostet sind, vielleicht bin ich ja der erste überhaupt in deinem Blog. Das fühl ich mich gleich unglaublich stolz und bedeutsam, wenigstens für eine Sekunde, weil mein Bedürfnis nach Exklusivität erfüllt ist (für eine Sekunde). Ja, und schönes neues Jahr, alter Blogger!
Helmuth J.
p.S. was war mit Spongebob?

christian ruether hat gesagt…

Liebe Helmut,
irgendwie scheint es mit dem Antworten auf die Kommentare noch nicht so ganz zu klappen.
Meine erste Antwort einen Tag nach Deinem zum ersten Mal je getätigten Eintrag - ja Du bist was Besonderes ;-) - weiss inzwischen schon allein der Wind und meine zweite ist zwar wortreich aber ziemlich inhaltsleer.
Wir sind alle Menschen und GFK eine Grundhaltung, in die ich mehr und mehr hineinwachse. Die Worte können auch manchmal jenseits der Standardsprache liegen.
Bevor ich jetzt weiter quatsche, das einfache Eingeständnis: Ja, ich bin völlig normal ;-)
LG
Christian

Anonym hat gesagt…

Ja, der innere Kritiker ist eben überall Experte. Egal ob in Alltagsfragen oder bei spirituellen Themen.
Wie man mit dem inneren Kritiker angemessen umgehen kann, darüber habe ich in meinem Blog einen längeren Artikel geschrieben.

Markus Castro hat gesagt…

Mh, also ganz ehrlich bin ich der Meinung, dass das weder Straßen- noch sonstwie Giraffisch war.
Für mich bedeutet GFK nicht, Leute dazu zu kriegen, zu tun was ich will - das hab ich als ausgebildeter Erzieher zwar lange gelernt und verinnerlicht, aber ich kenne inzwischen auch den Preis, den ich dafür zahlen muss.
GFK bedeutet für mich, zu wissen, was im anderen vor sich geht wenn er mich bspw. boxt. Vielleicht hat der kleine sich ja Aufmerksamkeit oder einen Spielpartner gewünscht.
Und ihm dann auch zu zeigen, was in mir vor sicht geht, wenn er das macht - ich glaube nicht, das der lütte das auf diese Weise gelernt hat.

Ich geb sonst ja nicht zu allem meinen Senf, aber mir bedeutet die GFK sehr sehr viel und deswegen ist mir wichtig, dass auch GFK drin ist wenns draufsteht.

Gruß,

Markus Castro